
Zu Gast bei Anja Kuhn | Podcast-Interview
31. Oktober 2025
Sexueller Missbrauch
3. November 2025
Zu Gast bei Anja Kuhn | Podcast-Interview
31. Oktober 2025
Sexueller Missbrauch
3. November 2025Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Buch:
"Das habe ich noch nie gemacht, das wird gut ..."
Hey, wie geht’s dir damit, nicht mehr 20/30/40/50/60 zu sein? Bis auch du in dieser Hinsicht Produkt unserer allgegenwärtigen Medien?
Ist jeder Geburtstag für dich anstatt ein Feiertag ein Mahnmal, dass du nun wohl unwiderruflich alt wirst?
Möchtest du am liebsten die Zeit anhalten? Weil ... spätestens von nun an geht’s nur noch bergab?
Dann hast du den gesellschaftlich abgesegneten Jugendwahn voll inhaliert.
Auch hier darfst du einmal genauer hinschauen. Was ist es am Älterwerden, das dich stört, dass dich verunsichert?
Dass dir die Männer vielleicht nicht mehr hinterher pfeifen? Bedenke: früher fandest doch gerade du das manchmal so richtig lästig.
Ich weiß es noch genau: als ich in meinen 20igern war und auch schon früher war es manchmal in Hamburg ein echtes Spießrutenlaufen, an einer Baustelle, an der gearbeitet wurde (von Männern ...) vorbeizugehen. Derbe Sprüche und Pfiffe waren noch das geringste Übel für mich. Direkte Anmache demgegenüber konnte ich nur ganz schwer ertragen.
Aber als das dann plötzlich – so kam es mir vor - vorbei war, war ich auch nicht glücklich.
Also was stört mich, was stört dich am Älterwerden?
Dass du mehr Erfahrungen hast, kann es ja eigentlich nicht sein, oder? Schon eher stößt du dich doch an der gesellschaftlichen Sicht aufs Alter. An die schon im vorherigen Kapitel erwähnte Sicht von alten weißen Männern – das war jetzt hoffentlich das letzte Mal, dass ich sie erwähne - auf das Älterwerden von Frauen.
Du sagst, dass sich für dich als älter werdende Frau doch einiges verändert, verändert hat. Du bist nicht mehr so leistungsfähig, du haderst mit deiner sich verändernden Figur, du bist nicht mehr attraktiv, du fühlst dich unsichtbar und überhaupt die Wechseljahre, die machen ja nun mal wirklich keinen Spaß.
Aber das ist alles deine Denke, woher sie auch kommen mag.
Diese Veränderungen schaffst du dir selbst.
Kennst du die Sprüche:
„Älterwerden ist nichts für Feiglinge“
Oder „In Würde alt werden“ ?
Was für ein Blödsinn.
Glaubst du das auch? Hast du es quasi mit der Muttermilch aufgesaugt?
Es fällt nicht leicht, das einfach zu drehen, denn was sollen diese beiden Sätze eigentlich bedeuten? „Älterwerden ist nichts für Feiglinge?“
Was sind um Himmels willen denn Feiglinge und warum werden sie mit dem Alter in Verbindung gebracht. Was bitteschön soll denn am Alter so viel anders sein als in allen anderen Veränderungssituationen. Hör die das mal an:
„Traumatisiert werden ist nichts für Feiglinge“ oder „In die Pubertät kommen ist nichts für Feiglinge“ oder „Krank werden ist nichts für Feiglinge“. Wo ist der Sinn dahinter? Das einem bestimmte Situationen im Leben nicht besonders leicht fallen? Das gehe in Ordnung, aber warum reiten wir so besonders auf dem Alter herum? Ist „alt werden“ nicht eher ein Geschenk?
Genau das Selbe passiert, wenn wir uns „In Würde altern“ mal so richtig aus der Zunge zergehen lassen. Hier merkst du aber sofort, dass da was nicht stimmen kann.
Denn „In Würde in die Pubertät kommen“ oder „In Würde Krank werden“ passt so gar nicht.
Also sag mir nicht, das „alt werden“ eine ganz besondere Kategorie ist, die nur Nicht-Feiglinge schaffen und dann auch noch möglichst in Würde. Wenn diese Aussagen allein auf die Veränderungen deines Körpers zielen – das ist auch Blödsinn, denn alle Körper verändern sich ständig.
Deine Sicht auf deinen Körper jetzt im Älterwerden zeigt dir nicht mehr als das, was du schon immer im Inneren, in deinen Überzeugungen gesehen hast:
Dein Busen? Zu schlaff.
Dein Bauch? Zu dick.
Deine Haut? Zu fahl.
Das weißt du eigentlich auch, dass du schon immer so über dich gedacht hast. Und wenn sich jetzt bei dir Widerstand regt in Form von:
„Nein, früher fand ich mich richtig gut!“ Dann schau oder besser gesagt höre noch mal tief in dich rein.
Stimmt das wirklich?
Neu kann für dich möglicherweise die Vorstellung sein, dass es jetzt nun wirklich nicht mehr lohnt, für sich selbst zu sorgen.
Aber bedenke: Auch mit der Sorge für dich hast du es schon vorher nicht so wirklich genau genommen, oder? Denk mal an die ganzen Dinge, die du getan hast, um dich selbst – wofür auch immer - zu bestrafen: zu wenig Schlaf, Diäten, wenn du dich mal wieder zu dick fandest, Fastfood ... die Reihe lässt sich bei mir endlos fortsetzen. Deine Reihe kennst nur du selbst.
Und wenn du jetzt sagst, das trifft alles nicht auf dich zu – Glückwunsch. Dann bist du eine der ganz wenigen Frauen, die mit sich zufrieden sind und liebevoll mit sich selbst umgehen. Deren Eltern immer wertschätzend, zugewandt und liebevoll mit dir umgegangen sind. Dann hast du voraussichtlich auch im Alter keine Probleme.
Im Umkehrschluss heißt das jedoch: Wenn du im Alter Probleme mit deinem Aussehen, deinem Körper bekommst, dann hattest du sie vorher auch!
Dann hast du es – wie die Mehrheit von uns älteren Frauen - nicht wirklich gelernt, dich selbst immer oder wenigstens meistens mit liebevollen Augen zu betrachten.
Und warum hast du es nicht gelernt? Weil du keine echten Vorbilder hattest. Weil deine Eltern, ohne es zu wollen, dir ihre eigene Sicht von sich selbst gespiegelt haben. Ihre eigenen Traumata und Verletzungen, ihre eigenen Unsensibiliäten und Lieblosigkeiten sich selbst gegenüber. Wie sollten sie auch sensibler und liebevoller mit sich selbst sein, sie kannten es ja auch schon nicht anders. Und bis heute wird das Thema „Selbstliebe“ an kaum einer Schule gelehrt.
Und natürlich, weil du immerzu nur dieses vielzitierte Bild vom Altwerden vor Augen hast, das um uns herum – und vor allem auch in den Medien - existiert.
Wenn ich zum Beispiel meine Mutter betrachte – für mich war sie spätesten mit 50 eine alte Frau. Und diese Aussage höre ich selbst von deutlich jüngeren Frauen sehr häufig.
Spätestens mit dem Einsetzen der Wechseljahre war meine Mutter das Leiden pur. Sie hatte ja „immer schon“ ab und an Kopfschmerzen und Migräne, aber ab den Wechseljahren hatte sie es ständig.
Kopfschmerzen, Migräne, dicke Füße, Rücken. Im Prinzip war ihr ganzer Körper eine einzige Baustelle. Und dann das Schwitzen in den Wechseljahren.
Plötzlich und für mich unerwartet richtete sich meine Mutter damit ein. Machte es sich bequem, schminkte sich nicht mehr - du weißt schon, das viele Schwitzen. Nahm zu. Nahm Klosterfrau Melissengeist, jeden Morgen (da würde ich auch ins Schwitzen kommen mit 95% reinem Alkohol schon am Morgen.)
Und ging jeder körperlichen Anstrengung aus dem Weg. Ich empfand das damals als normal. Das war die Zeit, als ich endgültig aus dem Haus ging, mit 20 zum Studium nach Marburg. Meine Eltern sah ich in dieser Lebensphase sehr selten. Und wenn doch, fand ich beide wieder ein Stück mehr gealtert.
Nicht nur, was das Aussehen anging, sondern auch, wie sie sich in ihrem Haus eingerichtet hatten, was sie für Vorstellungen für ihr und auch für mein Leben hatten.
Für mich entsteht im Nachhinein der Eindruck, dass die Wechseljahre ein tiefer Einschnitt im Leben meiner Mutter waren. Von jetzt auf gleich war sie eine Frau, die ausstrahlte, dass vieles, was sie im Leben wirklich gewollt hat, nicht wahr geworden ist und das sie darüber resignierte.
Sie wäre so gern Lehrerin geworden, hat diesen Traum erst durch die Kriegszeit, dann durch die Nachkriegszeit nicht verwirklichen können. Und das, weil sie sehr früh, also mit 19, ihr erstes Kind bekommen hat, das zweite folgte mit 21 und damit war ihr Zug fürs Studium abgefahren. Noch nicht einmal ihr Abitur hat sie nachholen können.
Sie hat sich danach auf ihre Kinder konzentriert, hat erst angefangen zu arbeiten, als ich in die Schule kam. Und dann eben als Verkäuferin, etwas anderes war nicht drin. Zwar hat sie noch einmal eine kurze Ausbildung zur Buchhalterin gemacht und dann lange Jahre als solche gearbeitet. Aber nochmal Abitur zu machen und zu studieren, das hat sie sich – im Gegensatz zu ihrer Freundin - nie wirklich getraut. Und keine/r hat sie wirklich dazu animiert, es zu tun.
Wenn ich heute versuche mich in sie hineinzuversetzen, kann ich das tatsächlich nachvollziehen. Und verstehe jetzt auch besser, warum sie mit 50 nur noch resigniert hat.
Und ich verstehe damit noch einen weiteren Beweggrund, weswegen ich zwar mein Abitur gemacht habe, dann aber mein Studium abgebrochen habe und mit 23 für den Vater meiner Kinder meine Selbständigkeit aufgegeben und mich stattdessen „nur“ noch um seine zwei Kinder aus einer vorherigen Beziehung und dann zusätzlich ab 24 um meine Kinder gekümmert habe.
Diesen Zusammenhang habe ich noch nie so gesehen. Ich habe quasi die Schuhe meiner Mutter als die meinen übernommen, so wie ich früher als Kleinkind schon versucht habe, in den damals noch Stöckelschuhen meiner Mutter zu gehen.
Du merkst, das sich hier bei mir gerade wieder ein Erklärungszusammenhang gebildet hat, aus dem heraus ich meine damaligen Handlungen viel besser verstehen kann. Es lohnt sich vielleicht auch für dich, spätestens jetzt, wo du schon älter geworden bist, einmal darauf zu gucken, woher du kommst und was du so klammheimlich aus deinem Elternhaus übernommen hast.
Diese bis in die späten 20iger Jahre von mir unbewusst übernommene Orientierung an meiner Mutter war mir vorher nie so bewusst.
Und ich verstehe auch noch einmal besser, weswegen ich so vehement mit allem brechen musste, um dann Stück für Stück meinen eigenen Weg zu finden.
Der Anfang war sehr holprig. Nachdem die Beziehung zum Vater meiner beiden ältesten Kinder auseinandergebrochen war, weil er mich, wie du vielleicht schon aus meinem ersten Buch weißt, als ich schwanger mit meiner Ältesten war, mit meiner bis dato besten Freundin betrogen hat, bin ich dann mit meinen Kindern ausgezogen und habe sehr drastisch begonnen, mein Leben zu verändern.
Im Nachhinein zu drastisch, weil ich den Vater meiner Kinder an seine Pflicht unseren gemeinsamen Kindern gegenüber erinnert und ihn dazu gezwungen habe, für seine Kinder zu sorgen und er mir daraufhin den Kontakt zu meinen eigenen Kindern für ungefähr drei Jahre komplett verweigert hat. Leidtragende sind in solchen Situationen immer die Kinder. Hätte man sicher alles besser regeln können.
Ich will hier nicht näher ins Detail gehen, weil mich dieses Thema nicht nur allein betrifft. Aber mein Tipp an dich: Nutze Krisenzeiten immer wieder, in dir reinen Tisch zu machen und am besten, bevor du Kinder hast.
Sonst gibst du, so wie ich es getan habe, die Traumata deiner Eltern ungebremst an deine Kinder weiter. In meiner Vorstellung sind wir jedoch hier, um mit unseren Traumata UND den Traumata unserer Vorfahren zu brechen, sie zu lösen, zu überwinden und neue Perspektiven für unser Leben zu entdecken.
Das habe ich dann, über viele Umwege zwar aber immerhin im Nachgang geschafft und das hat mich zu der werden lassen, die ich heute bin.
Aber es hat lange gedauert und ich durfte erst krasses Mobbing erleben, wie du ebenfalls schon weißt, damit ich verstehen konnte.
Der offene Dialog – und glaube nicht, dass wir damit schon fertig sind - mit meinen Kindern über alles das, was unser gemeinsames Leben erschwert hat, hat mich dabei mega unterstützt.
Dafür möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich meinen Kindern danken.
Für ihre Geduld, ihren Großmut, ihre Gesprächsbereitschaft und ihr Vertrauen.
Jedoch noch einmal zurück zum Älterwerden. Wenn ich den Begriff „Älterwerden“ höre, denke ich persönlich bis heute auch an Altersarmut, an Altersheim und damit ans Abgeschoben werden. Nutzlos zu sein für die Gesellschaft und das auch demonstriert zu bekommen. Besonders das Stichwort „Abgeschoben werden“ ist für mich ein wirklich rotes Tuch. Im Gespräch mit meiner ältesten Tochter kamen wir auch auf dieses Thema. Ihr klares Statement: „Du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich jemals ins Altersheim abschieben würden!“ Damals konnte ich emotional so gar nichts damit anfangen und ich habe etwas unwirsch darauf reagiert. Ich habe wohl etwas ähnliches wie: „Ich weiß gar nicht, ob ich im Alter mit euch zusammenleben will,“ gesagt. Heute kann ich mich voll auf mein Gefühl dazu einlassen. Ich bin unglaublich dankbar für meine tollen Kinder. Und wann immer es geht und passt, sag ich ihnen das. Und glaub mir, es geht öfter, als du vielleicht jetzt denkst.
Noch einmal zurück zum Thema Alter, Altersarmut, Altersheim und abgeschoben werden:
Wenn das auch deine Gedanken sind, die du beim Thema Alter hast, dann lies jetzt weiter, denn diese Gedanken sind berechtigt.
Wenn nicht, lies erst recht weiter, denn du wirst vielleicht erschrecken über das, was du lesen wirst, denn es ist wirklich ein Skandal.
Alles fängt spätestens beim sogenannten Ruhestand an: wie viele ältere Menschen in Deutschland bekommen im Ruhestand noch nicht einmal das Mindeste, was sie für ihren Lebensunterhalt brauchen. Und davon sind natürlich vor allem Frauen betroffen. Altersarmut ist bekanntlich mehrheitlich weiblich.
„Viele Frauen arbeiten über lange Zeit in Teilzeit oder Minijobs. Dies mindert nicht nur ihre Chancen, ein finanziell unabhängiges Leben zu führen, sondern erhöht auch das Risiko, einmal unter Altersarmut zu leiden.
Insbesondere Arbeitszeiten unter 20 Stunden wöchentlich führen dazu, dass Frauen ihren Lebensunterhalt nicht alleine sicherstellen können und auch bei Arbeitslosigkeit oder später im Rentenbezug nicht mehr ausreichend versorgt sind.
Entsprechend ist der Anteil von Frauen, die unter Altersarmut leiden, deutlich höher als der entsprechende Anteil der Männer.
Hinzu kommt die Beschäftigung in geringer entlohnten Tätigkeiten, die ohnehin zu einem niedrigen Rentenanspruch führen.“[3]
[3] Siehe https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/datei/827-altersarmut_ba128177.pdf, letzter Zugriff 03.06.2024
Unter der Fragestellung „Warum sind gerade Frauen von Altersarmut besonders betroffen“ findet sich in der Broschüre der Bundesagentur für Arbeit: „Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, Frauen leben länger – aber wovon? Altersarmut ist weiblich“ von 20 18 diese Zitat. Ebenso der folgende kurze Bericht einer 72-jährigen Frau, der sinnbildlich für viele anderen Frauen steht, findet sich auch dort:
„Von Altersarmut betroffen:
Anni M., 73 Jahre, erzählt:
Nach der Schule habe ich Schneiderin gelernt. Mit 23 Jahren bin ich wegen der Geburt meines Sohnes zu Hause geblieben. Drei Jahre später kam dann die Tochter. Erst als beide Kinder in der Schule waren, konnte ich wieder arbeiten. Aber der Betrieb hatte zugemacht. Ich habe dann nur einen Minijob bei un- serem Lebensmittelladen bekommen. Fünfzehn Jahre habe ich so gearbeitet, dann hat sich die Möglichkeit ergeben, 25 Stunden in der Woche zu arbeiten. Da ich nebenbei noch meinen Haushalt zu machen hatte, war das für mich und meinen Mann so in Ordnung. Heute bin ich alleine, die Kinder wohnen weit weg. Meine Rente reicht gerade, um die Miete zu zahlen und das Lebensnotwendige zu kaufen. Die Kinder will ich mit meinen Sorgen auch nicht belasten. Manchmal reicht es aber auch hinten und vorne nicht. Früher hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal jeden Cent zweimal umdrehen muss. Ja, wenn man jung ist, denkt man nicht an später. Heute weiß ich, dass man schon rechtzeitig für das Alter vorsorgen muss.“[4]
[4] A.a.O.
Die besondere Situation der Frau als potentieller Mutter und damit automatisch hauptsächlich für die Kinder zuständig, hat es bis heute immer noch an sich, das Arbeitsbiographien deutlich häufiger unterbrochen sind, die Anstellungsverhältnisse immer noch z.T. deutlich geringer entlohnt werden und der Aufstieg auf der Karriereleiter für Frauen deutlich schwieriger ist. Neben der Forderung nach „Equal Pay“[5] wird heute auch der Ruf nach „Equal Pension“[6]
[5] „Der aktuelle Gender Pay Gap in Deutschland Frauen erhalten in Deutschland im Schnitt 18 Prozent weniger Gehalt als Männer, das hat das Statistische Bundesamt für das Jahr 2023 berechnet. Als Gender Pay Gap oder geschlechtsspezifische Lohnlücke wird die prozentuale Differenz zwischen durchschnittlichen Bruttostundenlohn der Männer und dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn der Frauen im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttostundenlohn der Männer bezeichnet. Frauen erhielten im Jahr 2023 mit durchschnittlich 20,84 Euro einen um 4,46 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (25,30 Euro). Rechnet man den Wert von 18 Prozent in Tage um, arbeiten Frauen vom 1. Januar an 66 Tage unentgeltlich. Der nächste Equal Pay Day findet deshalb am 6. März 2024 statt.“ Siehe https://www.equalpayday.de/informieren/, letzter Zugriff 03.06.2024
[6] „Wiesbaden - Frauen sind hinsichtlich ihres durchschnittlichen Einkommens schlechter gestellt als Männer – auch bei den Alterseinkünften. Nach Erstergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2023 bezogen Frauen in Deutschland, die 65 Jahre und älter waren, im Schnitt Alterseinkünfte in Höhe von 18 663 Euro brutto im Jahr. Bei Männern der gleichen Altersgruppe waren es durchschnittlich 25 599 Euro brutto. Zu den Alterseinkünften zählen Alters- und Hinterbliebenenrenten und -pensionen sowie Renten aus individueller privater Vorsorge.“ Siehe Pressemitteilung Nr. N016 vom 24. April 2024, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/04/PD24_N016_12_63.html#:~:text=Rentengefälle%20im%20Westen%20deutlich%20höher,)%20bei%206%2C1%20%25. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/04/PD24_N016_12_63.html#:~:text=Rentengefälle%20im%20Westen%20deutlich%20höher,)%20bei%206%2C1%20%25. Letzter Zugriff 03.06.2024
Und ganz ehrlich, diese Berichte habe ich persönlich erst in meinen 60igern wahrgenommen. Also vor gar nicht so langer Zeit, mit der Mobbingerfahrung in Hintergrund.
In dieser Zeit wurde mir sonnenklar, dass es für mich absolut unakzeptabel ist, mich damit abzufinden im Alter weniger zu verdienen als vorher und mich in allem, was ich tue einschränken zu müssen. Ebenso wollte ich nicht mehr von einer Organisation abhängig sein – der Kirche – die mir Schritt für Schritt begann vorzuschreiben, was ich denken und glauben und wie ich zu arbeiten hätte. Und so habe ich begonnen, mir Stück um Stück eine selbstständige Tätigkeit aufzubauen. Ich habe mich daran gemacht, herauszufinden, was ich wirklich will im Leben und habe angefangen, meine Begabungen, Fähigkeiten und Träume einzusetzen und umzusetzen. Und ich habe dabei herausgefunden, dass viele Begabungen schon eine ganze Reihe von Jahren brach lagen, oder gar nicht erst gelebt wurden, wie z. B. das Schreiben.
Erinnerst du dich noch an die Fragen am Anfang unseres gemeinsamen Weges? Hast du vielleicht schon Antworten gefunden?
Schreib sie auf!
Was hindert dich, dich noch einmal neu zu erfinden? Geht oder ging dir es ebenso wie mir? Wofür schämst du dich bis heute immer noch? Und natürlich: Was sind deine verborgenen Potentiale? Bist du diesen Fragen schon auf der Spur? Schreibe dir jeden kleinen Gedanken dazu auf!
Stück um Stück habe ich mich weitergebildet und die Argumente: „Dafür bist du doch schon zu alt,“ oder „Warum, machst du das, du hast doch einen gutsituierten Ehemann,“ waren und sind für mich Ansporn, mich immer weiter zu entwickeln, meine Selbständigkeit immer weiter aufzubauen und auszubauen. „Ich kann das,“ ist einer meiner neuen Glaubenssätze geworden, direkt gefolgt von „... und wenn noch nicht, dann kann ich das lernen.“
Ein hohes Lebensalter hat jedoch in unserer Gesellschaft immer noch auch den Geruch von gebrechlich, krank und heute auch häufig dement.
Ich vermute, je häufiger wir hören, dass es im Alter mit allem bergab geht, vor allem mit Gesundheit und Leistungsfähigkeit, umso mehr glauben wir das selbst. Und du weißt ja, unser Glaube, bzw. unsere Glaubenssätze erschaffen unsere Realität. Kein Wunder also, dass die Mehrheit der Älteren sich auch eine Realität dementsprechend erschafft. Auch der Mythos, im Alter hätte man weniger Bedürfnisse, weder nach Liebe und Zärtlichkeiten noch nach materiellem wie schöne Kleidung etc. gehört dazu. Lohnt sich ja doch nicht mehr und außerdem sollen die Kinder ja auch noch etwas bekommen nach dem Tod. All diese Glaubenssätze machen nun wirklich keine Lust auf Alter. So sehr ich es zu schätzen weiß, dass man im Älterwerden rein arbeitstechnisch auch in Rente oder Pension gehen darf/soll/ muss, umso weniger finde ich es richtig, das die Gesellschaft dann ab sofort auch keinen Platz mehr für Ältere hat. Wieviel Kompetenz, vielleicht Lebenserfahrung bleibt damit auf der Strecke. Wieviel geringer wäre der Arbeitskräftenotstand, von dem in den Medien auch immer wieder berichtet wird, wenn auch Ältere gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten. Aber einmal in Rente, ist man weg vom Fenster, ist ausgegliedert, wird man nicht mehr gebraucht. Was für eine Botschaft ist das an Menschen, die sich z.B. langjährig für ihren Betrieb, für ihren Beruf aufgeopfert haben? Du und deine Erfahrung, ihr seid für uns nicht mehr brauchbar, du bist nicht mehr so einsetzbar, wie wir dich bräuchten. Du bist ab sofort ein Mängelexemplar.
Und dazu kommt dann dieses Bedürfnis bei älteren Menschen selbst, niemandem zur Last fallen zu wollen. Die das Schicksal des „nicht mehr gebraucht werden“ ohne Widerstand einfach annehmen. Was glaubst du, macht das mit unserem Selbstwert? Genau ...
Lass uns doch einfach das Rad neu erfinden, denn die Gesellschaft braucht doch die Erfahrung der Älteren dringend!
Und lass uns ganz klar bei uns selbst anfangen. Denn auch im Alter sind wir nicht vor den Folgen unserer Traumata gefeit. Denn Traumata, egal welcher Art, tun uns nicht den Gefallen, sich mit einem gewissen Alter einfach in Wohlgefallen aufzulösen. Im Gegenteil, je länger sie bestehen – und das ist meine These und Erfahrung für die ich bisher jedoch keine anderen Beweise habe - je deutlicher „vermiesen“ sie uns das Leben. Allein die Gedanken: „Jetzt lohnt es sich ja nicht mehr, was auch immer es ist...“ lässt uns einerseits vor der Auseinandersetzung mit unseren Traumata zurückschrecken und andererseits verschönern sie das Älterwerden nicht gerade.
Wenn es denn so ist, dass wir plötzlich zum „alten Eisen“ und wenn wir das akzeptieren, geben wir selbst die Deutungshoheit für unser Leben ab. Und was das bedeutet, dass können wir sehr gut auf geriatrischen Stationen und in Altenheimen sehen. Menschen, die kaum noch Lebensmut haben und doch nicht sterben können, weil ... ja weswegen eigentlich? Meine These: Weil sie im tiefsten Inneren merken, dass sie noch nicht fertig sind mit ihrem Leben, dass es da eigentlich das eine oder andere noch zu lösen gibt.
Und das ist ein Skandal, ein wirkliches Drama.
Und, wen überrascht das jetzt noch, auch diese Reaktionen sind die Folgen nicht gelöster Traumata.
Und um es gleich noch mal zu verstärken – auch diese Sicht unserer Gesellschaft auf das Alter sind Folge der immer noch bestehenden Traumatisierung der Gesellschaft.
Also um wieviel besser ist, sich mit seinen Themen auseinanderzusetzen – auch als Gesellschaft - wenn man noch nicht so krank ist, dass man die Kraft dazu nicht mehr hat. Und eines ist mittlerweile auch klar – unsere bundesdeutsche Gesellschaft ist so „krank“ wie selten zuvor und zwar in vielen Bereichen!
Und um wieviel besser ist es, sich frühzeitig klar zu machen: Traumata sind keine Krankheiten, sondern dienen der Selbsterhaltung und gehören aufgelöst, wenn die Bedrohung vorbei ist.
Hört sich das für dich merkwürdig an? Du hast recht, das ist auch merkwürdig, weil sich immer wieder die Katze in den Schwanz beißt, bis wir darüber krank werden, oder alt, oder gebrechlich, oder dement.
Weißt du, was dann auch noch das Verrückte daran ist. Man könnte fast meinen, Alter, Krankheit, Gebrechlichkeit und Demenz sind die Symptome nicht gelöster Traumata. Aber verrate diesen Satz bloß nicht weiter, denn auch er ist eine Annahme und noch nicht hinreichend wissenschaftlich bewiesen!
Lass uns lieber jetzt über die bekannten Folgen von Traumatisierung für dich sprechen und damit auf einigermaßen gesichertes Gebiet zurückfinden ;-).




